Universität Bonn

Medizinische Fakultät

05. Oktober 2022

Schaltkreise zum Überleben Schaltkreise zum Überleben

Hertz-Professor Dominik Bach lud zum Symposium „Circuits for Survival“ ein

Mit Künstlicher Intelligenz das Gehirn verstehen – das ist das große Forschungsziel von Dominik Bach, seit April dieses Jahres Hertz-Professor im Transdisziplinären Forschungsbereich „Leben und Gesundheit“ der Universität Bonn. Bei einem internationalen Symposium rund um seine Antrittsvorlesung sprachen er und einige seiner Kolleginnen und Kollegen jetzt über ihre Forschung an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaften, Mathematik und Informatik.

Hertz-Professor Dominik Bach stellte in seiner Antrittsvorlesung unter anderem Daten aus Experimenten vor.
Hertz-Professor Dominik Bach stellte in seiner Antrittsvorlesung unter anderem Daten aus Experimenten vor. © © Volker Lannert/ Uni Bonn
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Dominik Bach und sein Team entschlüsseln mithilfe mathematischer Methoden, wie das Gehirn funktioniert. Dazu analysieren sie menschliches Verhalten in Extremsituationen. Denn das biologische Überleben stellt einige der schwierigsten rechnerischen Herausforderungen dar, die vorstellbar sind. Einem Raubtier innerhalb eines Sekundenbruchteils zu entkommen, neue Strategien ohne Fehlertoleranz zu erlernen, sich ein Leben lang an Beinahe-Fehler zu erinnern und dabei unwichtige Details zu vergessen – das sind schwierige Aufgaben für jeden intelligenten Akteur, egal ob biologisch oder künstlich. Um zu erörtern, wie einige dieser Probleme in neuronalen oder digitalen Schaltkreisen gelöst werden könnten, brachte Dominik Bach bei seinem Symposium Redner:innen aus den Molekular-, Schaltkreis-, System- und Computerneurowissenschaften zusammen.

Ein voller Erfolg: „Das Symposium zeigte die ganze Bandbreite des Themas: von abstrakten und mathematischen Planungsalgorithmen bis hin zu molekularen Mechanismen und der Entwicklung neuer Technologien“, resümiert Dominik Bach. „Es bot eine fantastische intellektuelle Anregung und entfachte viele interessante Gespräche zwischen den Wissenschaftler:innen, die auf diesem Gebiet arbeiten.“

So sprach Bianca A. Silva vom Consiglio Nazionale di Ricerche (Italien) über die neuronalen Mechanismen der Gedächtnisaktualisierung, Kevin Briggman vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens (Bonn) über anatomisch bedingte Modelle der visuellen Schaltkreise und Vanessa Stempel vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung (Frankfurt) über Schaltkreise im Mittelhirn, die das Instinktverhalten steuern. Jason Kerr vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens hielt seinen Vortrag darüber, wie per Bildgebung bei Tieren die Bewegungsabläufe des Skeletts und die dabei stattfindende Aktivität der Hirnrinde beobachtet werden können, Benjamin Grewe von der ETH Zürich (Schweiz) sprach über sensorische und verhaltensbezogene Substrate des Vermeidungslernens in der Aktivität einer bestimmten Hirnregion (präfrontaler Kortex genannt). Peter Dayan vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik (Tübingen) widmete sich dem Thema Risiko, Wiederholung und Probe.

Die Zusammensetzung der Redner:innen spiegelte auch die Internationalität von Bachs Arbeitsgruppe wieder, die neben Bonn in London und Zürich angesiedelt ist. Den Hauptvortrag des Symposiums hielt Dominik Bach selbst mit seiner Antrittsvorlesung, in der er Daten aus Experimenten vorstellte, die biologisch implementierte Entscheidungsalgorithmen enthüllen. In diesen Experimenten werden Menschen in einer vollständig virtuellen Realität verschiedenen Bedrohungen ausgesetzt, wobei sie fliehen und Schutz suchen können. „Diese Daten stellen die Ansicht in Frage, dass das Fluchtverhalten instinktiv oder fest verdrahtet ist“, erklärt der Psychologe, Arzt und Mathematiker. „Stattdessen scheint der zugrunde liegende Algorithmus zielgerichtet zu sein und seine Entscheidungen dynamisch zu aktualisieren, wenn sich die Umgebung ändert.“ Im Gegensatz dazu könne das Verhalten bei der Informationssuche auf einfacheren Berechnungen beruhen. Ein spezielles Virtual-Reality-Labor, in dem weitere solcher Simulationen stattfinden können, befindet sich derzeit an der Universität Bonn im Aufbau.

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