Universität Bonn

Medizinische Fakultät

25. Juli 2025

Bonner Forschende untersuchen Fundusdruck unter der Geburt Bonner Forschende untersuchen Fundusdruck unter der Geburt

Studie zeigt: Kommunikation beeinflusst, wie Frauen die Maßnahme erleben

Trotz unklarer Evidenzlage und entgegen nationaler sowie internationaler Leitlinien wird der sogenannte Fundusdruck in vielen Geburtskliniken weiterhin angewendet. Eine neue qualitative Studie im Rahmen des Forschungsprojekts „MAM-Care“ der Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Bonn (UKB) – in Kooperation mit der Universität Bonn und der Uniklinik Köln – untersucht erstmals systematisch, wie Frauen diese umstrittene geburtshilfliche Maßnahme subjektiv erleben.

Mi-Ran Okumu und Prof. Nadine Scholten untersuchten den Fundusdruck unter der Geburt.
Mi-Ran Okumu und Prof. Nadine Scholten untersuchten den Fundusdruck unter der Geburt. © Universitätsklinikum Bonn (UKB) / R. Müller
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Beim Fundusdruck übt medizinisches Personal gezielten Druck auf den oberen Teil der Gebärmutter aus, um den Geburtsverlauf zu beschleunigen. Die S3-Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“ empfiehlt, diese Intervention möglichst nicht oder nur unter strenger Indikationsstellung und mit Zustimmung der Gebärenden einzusetzen. Dennoch zeigen aktuelle Daten: Fundusdruck ist weit verbreitet. In einer MAM-Care-Befragung gaben 81 % der befragten Ärztinnen und Ärzte und 38 % der Hebammen an, die Maßnahme selbst durchzuführen. 21 % der befragten Frauen berichteten, dass während der Geburt Druck auf ihren Bauch ausgeübt wurde.

Was Frauen dabei erleben – und warum das so unterschiedlich ist

„Die Teilnehmerinnen sagten, sie hätten sich entweder gut begleitet oder völlig überfahren gefühlt – je nachdem, wie mit ihnen gesprochen wurde“, erklärt Mi-Ran Okumu, Erstautorin der Studie und Soziologin an der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation am UKB, die zudem an der Universität Bonn forscht. „Das subjektive Erleben ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von Kommunikation und Versorgungsgestaltung.“

Prof. Nadine Scholten, Leiterin der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung am UKB und Professorin für psychosomatische und psychoonkologische Versorgungsforschung an der Universität Bonn, ergänzt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass nicht nur die Maßnahme an sich, sondern vor allem die Kommunikation drumherum entscheidend ist. Wenn Frauen verstehen, warum etwas geschieht, und sich in ihrer Handlungsfähigkeit ernst genommen fühlen, kann auch eine kritische Intervention als unterstützend erlebt werden.“

Drei Gruppen von Erfahrungen: positiv, neutral, negativ

Die zwölf Fälle wurden drei Gruppen zugeordnet: Sechs Frauen beschrieben ihre Erfahrung mit Fundusdruck als positiv, drei als neutral und drei als negativ. In allen Gruppen kamen Situationen mit eingeschränkter Verständlichkeit vor – oft ausgelöst durch knappe oder fehlende Erklärungen in akuten Phasen der Geburt. Je höher die wahrgenommene Handhabbarkeit, desto positiver wurde die Situation bewertet.

Die Studie bezieht keine generelle Stellung zur Maßnahme Fundusdruck, macht aber deutlich: Wenn sie angewendet wird, muss sie verständlich erklärt und mit Einwilligung durchgeführt werden. Die in der S3-Leitlinie empfohlenen Bedingungen wie Zustimmung und Vetorecht sollten konsequent umgesetzt werden.

Das Forschungsprojekt MAM-Care wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Mi-Ran Okumu et al.: Making sense of fundal pressure: A qualitative study on women’s experiences of a non-evidence-based yet commonly practiced intervention; Archives of Gynecology and Obstetrics; DOI: https://doi.org/10.1007/s00404-025-08130-3

Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Nadine Scholten
Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Bonn
Professur für psychosomatische und psychoonkologische Versorgungsforschung,
Universität Bonn
E-Mail: Nadine.Scholten@ukbonn.de

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