Universität Bonn

Medizinische Fakultät

03. Juni 2022

Neueste Therapien bei Adipositas und Folgeerkrankungen Neueste Therapien bei Adipositas und Folgeerkrankungen

Ganzheitliche Behandlung und Forschung am Adipositas- und Stoffwechselforschungszentrum des Universitätsklinikums Bonn

Bonn, 3. Juni 2022 – Das neue Adipositas- und Stoffwechselforschungszentrum am Universitätsklinikum Bonn (BiOM) bietet Patientinnen und Patienten mit Adipositas und Folgeerkrankungen eine ganzheitliche Behandlung an. Moderne Verfahren zur Analyse des Grundumsatzes und der Körperzusammensetzung, Ernährungsberatung, medikamentöse Therapien aber auch moderne minimalinvasive OPs gehören zum Leistungsspektrum. Daneben werden neue, erfolgversprechende Therapien erforscht.

Das interdisziplinäre Team des Adipositaszentrums am UKB
Das interdisziplinäre Team des Adipositaszentrums am UKB - (v. l.) Dr. Lara Braun, Ärztin in Weiterbildung Klinik für Chirurgie, PD Dr. Andreas Till, Laborleiter, Tabea Pöhler, Studienkoordination, Dr. Charlotte Fries, Oberärztin Sektion für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselmedizin, Dr. Jenny Bischoff, Ärztin in Weiterbildung Sektion für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselmedizin, Helga Wohlgemuth-Witsch, Diabetesberaterin DDG, Ernährungsberaterin DGE und administrative Leitung der interdisziplinären Adipositas-Ambulanz, Prof. Wiebke K. Fenske, Leiterin der Sektion für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselmedizin und Leiterin interdisziplinäres Adipositas- und Stoffwechselzentrum und PD Dr. med. Philipp Lingohr, Leitender Oberarzt Klinik für Chirurgie © Universitätsklinikum Bonn (UKB)/A. Winkler
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Immer mehr Menschen weltweit leiden an Fettleibigkeit – der sogenannten Adipositas – und ihren Folgeerkrankungen. Am 3. Mai 2022 stellte das Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa den neuen „European Obesity Report“ vor. Übergewicht und Adipositas betreffen demzufolge heute knapp zwei Drittel der Erwachsenen sowie bereits jedes dritte Kind in der Europäischen Region. Die starke Zunahme an Adipositas-Erkrankungen in den Industrieländern wird vor allem auf Über- und Fehlernährung sowie Bewegungsmangel zurückgeführt. Doch auch die Corona-Pandemie scheint diese Entwicklung zu befeuern. „Der WHO-Report zeigt, wie groß der Handlungsbedarf ist“ erklärt Frau Professor Wiebke Fenske, Leiterin der Sektion Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselmedizin am Universitätsklinikum Bonn (UKB) und Leiterin des neuen BiOM Forschungszentrums am UKB. „Schon vor der Corona-Pandemie war Adipositas eine Volkskrankheit, nun dürften mehr Menschen betroffen sein als je zuvor“ – darauf verweisen erste Daten.

Stigmatisierung Betroffener
Adipöse Menschen werden oft stigmatisiert, obwohl die chronische Erkrankung vielerlei Ursachen haben kann und nicht selten (epi-)genetisch und auch psychisch mitbedingt ist. In Kombination mit einem ungesunden Lebensstil geraten diese Patientinnen und Patienten schnell in einen gefährlichen Kreislauf, aus dem sie ohne Hilfe nicht mehr herauskommen. Krankhaftes Übergewicht begünstigt eine Reihe von chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Diabetes, chronische Nierenerkrankungen sowie die Entstehung von Tumoren und beeinträchtigt häufig auch die psychische Gesundheit, die Fortpflanzungsfähigkeit, Gedächtnisleistung und mindert die durchschnittliche Lebenserwartung der Betroffenen. „Aus den Corona-Kilos darf keine Welle schwerwiegender Folgeerkrankungen werden, dafür müssen wir die Adipositas-Therapie entschieden stärken und dem Stigma „Übergewicht“ entgegenwirken“, appelliert Prof. Fenske.

Adipositas als Erkrankung
Gesetzlich wurde im Juli 2020 die Grundlage dafür gelegt, dass Adipositas nun auch in Deutschland offiziell als eine chronische Erkrankung anerkannt und nicht länger als eine „Lebensstil Entscheidung“ düpiert wird. Mit der vom Bundestag etablierten Regelversorgung der Adipositas-Erkrankung im Rahmen der nationalen Diabetes-Strategie soll Patientinnen und Patienten in Zukunft effizienter geholfen werden. „Betroffene bedürfen einer auf den Einzelfall abgestimmten, ganzheitlichen Therapie, wie sie im neuen Adipositas- und Stoffwechselforschungszentrum (BiOM) des UKB von einem Team aus Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen angeboten wird. Die Patientinnen und Patienten werden bei uns interdisziplinär unter einem Dach nach dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand behandelt“, so Prof. Fenske.

Minimalinvasive Chirurgie
Auch im Falle einer anstehenden Operation gilt es, für den einzelnen Patienten den passenden Eingriff zu finden. „OP-Verfahren, die zu einer deutlichen Gewichtsreduktion und Verbesserung der kardiometabolischen Folgeerkrankungen führen, sind z.B. die Schlauchmagenbildung (sog. Sleeve-Gastrektomie) oder eine Magenbypass-Operation. Bei den Verfahren unterscheidet man zwischen restriktiven Methoden, wodurch die Aufnahme der Nahrung reduziert ist, und den malresorptiven Methoden, bei denen die Nährstoffaufnahme im Darm begrenzt wird“, erläutert Frau Dr. Anna Wöstemeier, Assistenzärztin der Klinik für Chirurgie am UKB. Magenbypass und Magenverkleinerung bewirken auch hormonelle Veränderungen, die im Gehirn wirken und sowohl den Appetit als auch das Belohnungsempfinden auf Nahrungsreize vorteilhaft verändern. Bei der Kommunikation mit den Krankenkassen vor einer OP wie auch bei der Nachsorge nach einer Operation werden die Patientinnen und Patienten am UKB betreut.

Erforschung neuer Therapien
Frau Prof. Fenske untersucht zusammen mit ihrem Team am UKB außerdem die Funktionsweise der Adipositas- und metabolischen Chirurgie (d.h. OP als Behandlung einer Stoffwechselstörung), um neue Therapieansätze zur Behandlung von Adipositas und seinen Folgeerkrankungen, wie Diabetes, Demenz und Unfruchtbarkeit, zu entwickeln. Besonders im Blickpunkt ist dabei das Darmmikrobiom und dessen Einfluss auf stoffwechselbedingte Hirnfunktionen, aber auch auf die metabolische Funktion von Fettzellen. „Eine gestörte Darmflora, wie sie bei Adipositas vorliegt, kann sich schädigend auf bestimmte Hirnfunktionen auswirken und direkt wie indirekt den System-Stoffwechsel beeinträchtigen. Unsere neuesten Erkenntnisse belegen, dass das veränderte Darmmikrobiom nach Adipositas-Chirurgie direkten Einfluss auf die Gewichtsreduktion hat und zudem den heruntergefahrenen Energie- und Glukosestoffwechsel wieder ankurbelt“, erläutert Frau Prof. Fenske. „Sobald wir die molekularen und zellulären Prozesse besser verstehen, die zum Erfolg der bariatrischen Chirurgie beitragen, z.B. das Zusammenspiel von Darmbakterien, Nervenimpulsen und Hormon-Haushalt, hilft uns dies bei der zielgerichteten Entwicklung zukünftiger Therapiekonzepte“, erklärt PD Dr. Andreas Till, Laborleiter des neuen Forschungszentrums für Adipositas und metabolische Erkrankungen am UKB.

Die engagierte Zusammenarbeit des interdisziplinären Teams im Adipositas- und Stoffwechselforschungszentrum des UKB hilft bei der Formierung einer effizienten Allianz gegen die aktuelle und noch bevorstehende pandemische Entwicklung von Adipositas in Deutschland und Europa.


Weitere Infos zum Bonner Integrativen Adipositas- und Stoffwechselforschungszentrum (BiOM) finden Sie unter: https://www.ukbonn.de/adipositas-und-stoffwechselzentrum/

Pressekontakt:
Viola Röser
Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Tel.: +49 0228 287-10469
E-Mail: viola.roeser@ukbonn.de

Adipositas OP
Adipositas OP - (v.l.) Prof. Andreas Türler, Chefarzt der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie des Johanniter-Krankenhauses, PD Dr. Philipp Lingohr, Leitender Oberarzt Klinik für Chirurgie am UKB, Dr. Nils Sommer, Oberarzt Klinik für Chirurgie am UKB © Universitätsklinikum Bonn (UKB)/K. Wislsperger
Wird geladen