Bisher verfügbare Computerprogramme zur Analyse von neuartigen Massenspektrometriedaten, also der Analyse von Molekülen, stoßen oft an ihre Grenzen. Viele können nur den Ort bestimmen an dem sich am meisten Protein befindet – selbst wenn es in Wirklichkeit an mehreren Orten gleichzeitig aktiv ist. Auch wie hoch die Konzentration eines Proteins an verschiedenen Orten in der Zelle ist, lässt sich mit diesen Werkzeugen meist nicht bestimmen. Die größte Einschränkung aber: Forschende benötigen Programmierkenntnisse, um die Programme zu nutzen. Die Analyse von Lipiden („fettartiger Stoffe“) ist noch eingeschränkter: Hier fehlen bislang verlässliche „Marker“, die eindeutig zeigen, wo genau sich ein Lipid im Zellgefüge befindet.
Um diese Probleme zu adressieren, hat das Forschungsteam um Dr. Natalie Krahmer von Helmholtz Munich „C-COMPASS“ entwickelt. Die Software nutzt neuronale Netzwerke, um mehrere Positionen von Proteinen innerhalb von Zellen vorherzusagen und nachzuvollziehen, wie sich ihre Verteilung der Zellbestandteile unter externen Einflüssen verändert. „Wir haben C-COMPASS mit einer grafischen Benutzeroberfläche und standardisierten Prozessschritten ausgestattet, um Analysen einfacher und reproduzierbar durchführen zu können“, erklärt Prof. Jan Hasenauer, der zusammen mit Dr. Daniel Weindl, beide Universität Bonn, substanziell an der Konzipierung der Algorithmen und der Optimierung der Software beigetragen hat. Prof. Hasenauer ist Mitglied in den Exzellenzclustern „ImmunoSensation2“ und „Hausdorff Center for Mathematics“ sowie in den beiden Transdisziplinären Forschungsbereichen (TRAs) „Modelling“ und „Life and Health“ der Universität Bonn.
Neuartige Methode, um Fette zu identifizieren
Die Forschenden haben mithilfe von C-COMPASS untersucht, wie sich Proteine im menschlichen Lebergewebe verteilen und wie sich diese Verteilung in den verschiedenen Stadien des Stoffwechsels verändert. Um noch genauere Einblicke zu gewinnen, verband das Team schließlich erstmals die Analyse von Proteinen (Proteomik) mit der von Lipiden (Lipidomik). Auf diese Weise entstand eine neuartige Methode, mit der sich Lipide nicht nur identifizieren, sondern auch räumlich verorten lassen: Das Team glich die Lipide mit „Referenzkarten“ ab, die zuvor aus den Proteindaten erstellt wurden – quasi ein geografisches Koordinatensystem für Moleküle. Getestet an Lebergewebe von Mäusen zeigte sich, dass die Verteilung bestimmter Lipide sich deutlich verschiebt, wenn Stoffwechselstörungen auftreten.